Donnerstag, 16. Mai 2013

Kultur: Der zerbrochene Krug


Ein Lustspiel von Heinrich von Kleist. Bekannte Schullektüre, der ich damals erfolgreich entgangen bin. Dank Klett. Weshalb ich mit folgendem Halbwissen um 19 Uhr am Samstag in der allerletzten Reihe des Nationaltheater Mannheim saß.

Dorfrichter Adam muss über sein eigenes Verbrechen richten: Mit Hilfe einer List verführt er Eve am Vorabend. Sie willigt ein, um ihren Verlobten Rupprecht zu retten. Das Techtelmechtel bleibt nicht unentdeckt. Der Richter flieht. Der Krug zerbricht. Rupprecht trennt sich von Eve. Ihre Mutter klagt.

Auf den Sündenfall, Sodom und Gomorra, Ödipus und Co. gehe ich nicht ein. Ich widme mich gleich meinen persönlichen Highlights: 

  • Das Gebrüll: Die Anfangsszene zeigt Richter Adam, gespielt von Klaus Rodewald, nur in Unterhose, verschwitzt, mit einer blutenden Wunde, wie er gerade aus einem Alptraum erwacht. Dabei schreit er wie verrückt und das ziemlich lang. Spätestens an dieser Stelle zog der Darsteller alle Zuschauer in seinen Bann.
  • Die Scherben: Symbol für Eves verlorene Jungfräulichkeit. Ihre Mutter breitet sie im Gerichtssaal auf dem Boden aus. Als Beweis. Und jeder weitere Zeuge tritt „aus Versehen“ drauf. Zum Schmunzeln. 
  • Die Theaterpause: Getarnt als Unterbrechung des Gerichtsprozesses, also Teil des Stückes. Das Publikum reagierte öfter verunsichert, Zuschauer standen auf und setzten sich wieder. Das sollte wahrscheinlich die Identifikation mit den Figuren erleichtern.  
  • Die Amputation: sehr aggressiv. Richter Adam verliert seinen Klumpfuß als Strafe. Ekstatisch malträtiert Rupprecht das Requisit. Fetzen fliegen. Gebrüll.


Fazit: Neugier, Unsicherheit, Ekel, Überraschung. Innerhalb zwei Stunden erlebte ich ein Wechselbad der Gefühle. Das habe ich nach dem Kino selten. Als nächstes steht Brechts Mutter Courage und ihre Kinder auf dem Programm ...

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