Mittwoch, 4. November 2015

Kolumne: Jobsuche in Sydney


Als Backpacker treffe ich unterschiedliche Menschen. Jung und alt. Dick und dünn. Interessant und interessanter. Aus Deutschland und aus aller Welt. Was sie eint ist ihre Jagd nach dem Full Time Job in Sydney. Die Konkurrenz ist hoch. Und die wenigen Stellen als Kellner, Zimmermädchen, Concierge, Teeverkäufer und  Sandwich Artist sind heiß begehrt. Australische Arbeitgeber setzen bei der Personalauswahl deshalb auf klassische Methoden: das Vorstellungsgespräch, Probearbeiten und Rollenspiele.  
Kim aus Schweden. Sagte "Nein" zur Frage aller Fragen.
Das Vorstellungsgespräch: Wie Andere suchte Kim einen Vollzeitjob über gumtree, dem australischen Online Portal für Alles und Nichts - z.B. Jobs, Kleidung und Real Estate. Die Freude war groß als der Interview-Termin stand. Gesucht wurde ein Concierge für einen Luxusapartment-Komplex. Ein "short, fat guy with a thin line of mustache" führte das Gespräch. Seinen Kommentar "OMG. You are so beautiful. People will fall in love when they see you" ignorierte sie gekonnt. Schließlich klang das Jobangebot zu verlockend: 21 Dollar die Stunde, 5 Tage die Woche ... damit konnte sie ihre Reisekasse in jedem Fall aufstocken. 
Sein Verhalten war zwar gewöhnungsbedürftig - beispielsweise Blicke zur Seite und auf den Boden sowie Schweigeminuten - aber hey ... was erträgt man nicht alles für einen Vollzeitjob. 

Nach einer langen Pause schaute er hoch und stellte die Frage aller Fragen: "Wie viel muss ich Dir zahlen, damit Du Deine Haare wieder normal färbst?" Ein Betrag von 2.000 Dollar schoss ihr ganz kurz durch den Kopf ... als er ihr noch "ab und zu ein schönes Kleid kaufen wollte" lehnte sie den Job dankend ab und ging.

"Desillusioniert" vor dem Opera House

Probearbeiten. Dauern meistens zwischen zwei und vier Stunden. An sich eine schöne Sache. Du lernst Deinen Job und Deine Kollegen kennen. Ich hatte zwei Intermezzi:

(1) Kassiererin
... war ich in einem winzigen Café, das Kekse, Muffins sowie Lattes zum Mitnehmen verkauft. Für ganze 60 Minuten. Als einzige Frau dort konnte ich nicht über jeden Witz lachen: Als eine Dame mit kaputten Absätzen klackernd vorbei lief und mein Chef wie ein Pferd wieherte ... verdrehte ich die Augen. Nach meinem Einsatz sollte ich dem Business Partner meines Chefs in sein Büro folgen. Dort studierte er ausführlich meinen Lebenslauf. Ohne etwas zu sagen. Irgendwann blickte er hoch: "Das wird nichts. Also ein "Nein" von meiner Seite. Dein Visum ist nur 1 Jahr gültig ... und du bräuchtest ungefähr 9 Monate, damit Du lernst, wie man Schmuck macht." Irritiert fragte ich: "Und was ist mit dem Job als Kassiererin ... deshalb bin ich eigentlich da." Leider wusste er nichts davon.

(2) Salatfee
... in einem Restaurant mit Imbisscharakter. Aufgabe war: Kunde begrüßen. Salatart und -größe bestimmen. Getränkewunsch entgegennehmen, einpacken und verabschieden. Im Anschluss gab es ein Gespräch mit der Chefin - allerdings hatte sie ihre Notizen auf dem Stapel den Lebensläufe der anderen Bewerber gemacht - und der war hoch. Anlass genug mich genau umzusehen: Eigentlich gab es zu viele Leute. Alle schienen busy. Von Taylorismus keine Spur. Darüber hinaus sollte der Lohn bar ausgezahlt werden ... und die ganze nächste Woche sind noch Leute zum Probearbeiten da … ein "Nein" von meiner Seite.

Nach den beiden Ausflügen habe ich beschlossen, dass mein Fokus mehr auf Holiday anstatt auf Work liegt: Deshalb bereise ich die Ostküste Australiens .... von Cairns nach Melbourne.