Montag, 26. Oktober 2015

Kolumne: Über Jugendherbergen


Bevor es nach Australien ging wollte ich noch ein wenig Deutschland erkunden - genauer gesagt Leipzig und Dresden anschauen. Und dabei ein besseres Verständnis für das Dasein in Jugendherbergen entwickeln. Mittlerweile bin ich Experte.

Deshalb buchte ich ein 4er-Zimmer in Leipzig für zwei Nächte. Irgendwie war es genau so, wie ich es mir vorgestellt habe: Stockbetten (welch schöne Erinnerung aus Kindheitstagen!), Gemeinschaftsdusche auf dem Flur (was nicht tötet, härtet ab!) und nette Zimmergenossinnen (ich muss sie ja nicht heiraten!).

Ich habe nur etwas die Nase gerümpft als die Facility Managerin am letzten Morgen zu mir sagte, sie müsse jetzt das Bad aufräumen und ich solle doch bitte zu den Herren ins Bad. Tja, heute war der Tag, um über sich hinauszuwachsen. Also schlappte ich hoch, ohne Flip Flops. Es grüßte ein Herr mit schütterem Haar, der gerade dabei war sich die letzten Essensreste mit der Zahnseide aus seinem Mund zu holen. Und es roch irgendwie nach Axe. Und - na ja, die Facility Managerin hatte wohl erst mit ihrer Arbeit begonnen. In „meinem“ Bad. Was „mein“ Bad und auch das neue „mein“ Bad ausmachte, waren seine Größe und die einzelnen Trennvorhänge: Eine Reihe aus drei Duschen, deren quadratische Grundfläche einzeln ca. 60 cm x 60 cm betrug. Getrennt durch zwei schmale Duschvorhänge, die einen großzügigen Einblick boten.  

Fragen, die mir durch den Kopf schossen:
  • In welcher Reihenfolge vollzieht der Herr mit schütterem Haar seine morgendlichen Hygienerituale? Putzt er als erstes seine Zähne und geht dann duschen? Oder ist es vielleicht andersrum?
  • Was ist weniger unangenehm: (1) Ungeduscht durch Leipzig zu laufen … vor allem in Anbetracht, dass man gestern Abend bereits geduscht hat oder (2) mit einem wildfremden Mann zu duschen?

Ich entschied mich für letzteres. Glücklicherweise hatte der Herr mit schütterem Haar bereits geduscht. Schnell war ich trotzdem. Auch bei der Buchung des nächsten Hostels für Dresden. Gebucht wurde ein 6er-Zimmer. Dort angekommen begrüßte mich Charly aus dem Iran: offensichtlich ein Mann. Na ja: Wie schlimm kann es denn eigentlich werden - so ein gemischtes Zimmer? Das war mein erster Gedanke. Bettwäsche bezogen und Rucksack verstaut. Schnell zur Rezeption. 

Die Dame war super nett als sie zu mir sagte …
  • Dein Zimmer ist heute in jedem Fall komplett voll. Lass mich mal schauen: Du bist definitiv mit drei Männern im Zimmer. Und die anderen beiden Namen sind für mich geschlechtslos … ich kenn mich mit asiatischen Namen nicht so aus.
  • Ja klar. Natürlich kannst Du das Zimmer wechseln. Ich kann das total gut nachvollziehen. Ich geh auch nie in gemischte Zimmer.

Aha. Wieso eigentlich nicht? Und warum ist mir das überhaupt aufgefallen? Nüchtern betrachtet kann man festhalten: Schnarcher und Nacktschläfer kommen unter Männern und Frauen vor. (Lebensmittel)-Diebe auch. Und unangemessenes Verhalten auch. Also übernachtete ich mit fünf Männern in einem Zimmer. Meine Vorbehalte gegenüber gemischten Zimmer habe ich ein wenig abbauen können, allerdings habe ich für meinen Aufenthalt in Sydney noch ein paar Sachen besorgt bzw. mir bewusst gemacht:
  • Flip Flops - definitiv ein must-have, und nicht, weil sie so toll aussehen
  • Desinfektionsmittel - hin und wieder ist die Seife einfach alle
  • Ohrstöpsel - Schnarcher weihen unter uns
  • Reiseapotheke ist wichtig - vermittelt Sicherheit
  • Humor und Wohlwollen sind das A und O in einem Hostel

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